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Im letzten Jahr hat sich das ‚Netzwerk zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund‘ konstituiert, in dem sich unterschiedliche Organisationen und Institutionen aus Dortmund zusammengeschlossen haben, um Antisemitismus in Dortmund wirkunsvoll begegnen zu können. Auch das Projekt ‚Quartiersdemokraten‘ ist Teil des Netzwerks, nicht zuletzt auch deswegen, weil in Dorstfeld rechtsextremer Antisemitismus regelmäßig sichtbar wird, insbesondere bei den Störversuchen gegen Veranstaltungen zur Erinnerung an nationalsozialistische Verbrechen.

Aufgabe des Netzwerks ist es, einen Austausch zwischen den AkteurInnen in Dortmund zu gewährleisten und präventiv in Dortmunder Stadtgesellschaft hinein zu wirken. Um eine Arbeitsgrundlage zu schaffen, hat das Netzwerk zunächst eine Grundsatzerklärung verfasst, welche die wesentlichen Grundsätze der Arbeit des Netzwerks definiert. Dies umfasst u.a. die Anwendung der Antisemtismus-Defintion der International Holocaust Remebrance Alliance, die Anerkennung von Antisemitismus als eigenständiges Phänomen, die Berücksichtigung der Betroffenenperspektive sowie den Auschluss einer Zusammenarbeit mit AkteurInnen, die den in der Erklärung aufgeführten Kriterien widersprechen. So heißt es in der Erklärung: »Nur wenn der Antisemitismus in all seinen Ausprägungen bekämpft und damit auch zum Gegenstand der Präventionsarbeit wird, kann eine demokratische Gemeinschaft ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden, nämlich eine Gesellschaft zu realisieren, die jeder Form der Menschenfeindlichkeit entgegenwirkt, wo immer sie sich manifestiert.« Die Erklärung ist bindend für alle Mitglieder des Netzwerks.

Am 21. Februar hat sich zudem der Rat der Stadt Dortmund der Erklärung angeschlossen, am 1. März wurde die Erklärung nun auch offiziell durch den Oberbürgemeister Ullrich Sierau, den Polizeipräsidenten Gregor Lange sowie Klaus Wegener, dem Präsidenten der Auslandsgesellschaft, welche die Geschäftsführung des Netzwerks übernommen hat, unterschrieben. Somit findet die zivilgesellschaftliche Arbeit des Netzwerks auch Unterstützung durch die Politik und Polizei. Die Gründung des Netzwerks sowie die verabschiedete Grundsatzerklärung ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus in Dortmund. Auch das Projekt ‚Quartiersdemokraten‘ wird weiterhin das Thema Antisemitismus bearbeiten.

 

Presseartikel:

Stadt Dortmund: Stadt und Partner unterzeichnen Grundsatzerklärung gegen Antisemitismus (01.03.19)

Ruhrbarone: Grundsatzerklärung gegen Antisemitismus – Meint es Dortmund ernst, wartet viel Arbeit auf die Stadt (02.03.19)

Nordstadtblogger:Dortmund etabliert ein Netzwerk gegen Antisemitismus: Ein gemeinsamer Kampf gegen ein schleichendes Gift (04.03.19)

 

Die Grundsatzerklärung im vollen Wortlaut:

Grundsatzerklärung des Netzwerks zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund
 
Angesichts der vielfältigen Formen des antisemitischen Ressentiments, mit dem Jüdinnen und Juden beständig konfrontiert sind und von denen sie bedroht werden, ist es für unsere pluralistische Gesellschaft von zentraler Bedeutung, die Erfahrungen derer, die von Antisemitismus betroffen sind, anzu erkennen und ernst zu nehmen. Nur wenn der Antisemitismus in all seinen Ausprägungen bekämpft und damit auch zum Gegenstand der Präventionsarbeit wird, kann eine demokratische Gemeinschaft ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden, nämlich eine Gesellschaft zu realisieren, die jeder Form der Menschenfeindlichkeit ent-gegenwirkt, wo immer sie sich manifestiert. Antisemitische Beschimpfungen gehören auf vielen Schulhöfen zum Alltag und selbst im Rahmen von rechtsextremen Kundgebungen solidarisierten sich junge Menschen mit Migrationshintergrund mit dem Antisemitismus der Rechtsextremen. Als Organisationen und Personen, die sich gegen den Antisemitismus in Dortmund engagieren, und die durch ihre Präventionsarbeit beständig mit dem Phänomen konfrontiert sind, müssen wir konstatieren, dass der Antisemitismus in unserer Stadt nicht allein auf rechtsextreme Kreise reduziert werden kann. Aus diesem Grund einigen sich die Unterzeichnenden auf folgende Grundsätze ihrer Arbeit, um eine wirksame Bekämpfung von Antisemitismus als Praxis der Gewalt in Wort und Tat wirksam zu bekämpfen:
 
I. Die »Arbeitsdefinition von Antisemitismus« der IHRA wird angewendet.
 
Grundlage für die Auseinandersetzung mit Antisemitismus ist die vom Deutschen Bundestag am 18. Januar 2018 beschlossene (BT Drucksache 19/444) »Arbeitsdefinition von Antisemitismus« der Internationalen Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA) mitsamt ihren Anhängen in der von der Bundesregierung am 27. September 2017 dargelegten Form.¹ Im gemeinsamen Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen – und in Anlehnung an die IHRA-Definition – ist „Antisemitismus eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegen über Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeinde institutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.“ Die Definition umfasst alle aktuellen Erscheinungsformen des Antisemitismus als Praxis der Gewalt in Wort und Tat. So gilt es heute und in Zukunft gegen alle Formen von Antisemitismus vorzugehen – gleich ob traditionell-religiös, rassistisch, schuldabwehrend, islamistisch ‚antiimperialistisch‘ oder auf Israel bezogen. Die Anwendung der von der Bundesregierung unterstützten Definition ist ein Kriterium für die Entwicklung, Finanzierung und Durchführung von Programmen und Maßnahmen, die sowohl der Bekämpfung des Antisemitismus als auch der allgemeinen Demokratieförderung, der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der politischen und historischen Bildung, der interkulturellen wie interreligiösen Verständigung dienen sollen.
 
II. Die von Antisemitismus Betroffenen werden ernst genommen und Antisemitismus als ein eigenständiges Phänomen anerkannt.
 
Die von Antisemitismus Betroffenen und ihre Erfahrungen ernst zu nehmen, steht im Zentrum unserer Arbeit. Dies leitet uns, Antisemitismus als eigenständiges Phänomen anzuerkennen.Antisemitismus richtet sich als Praxis der Gewalt in Wort und Tat gegen all jene Personen und/oder Institutionen, die als jüdisch wahrgenommen werden. Er ist nicht unter andere Kategorien subsumierbar, jedoch mit anderen Erscheinungsformen sogenannter gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verbunden. Es wird festgehalten, dass Antisemitismus keineswegs oder ausschließlich in bestimmten gesellschaftlichen Gruppen oder Milieus verankert ist, sondern vielmehr in sämtlichen Gesellschaftsbereichen verbreitet ist.
 
III. Keine Zusammenarbeit mit Akteuren, die den genannten Definitionskriterien widersprechen.
 
Im Zuge einer allgemeinen Demokratieförderung und aufgrund der Tatsache, dassder Antisemitismus sich als Praxis der Gewalt in Wort und Tat gegen die Prinzipien des freiheitlich-demokratischen Gemeinwesens richtet, ist die Bekämpfung des Antisemitismus eine zentrale Aufgabe demokratischer Akteurinnen und Akteure. Das bedeutet auch, dass Organisationen, Vereinen und Personen, die etwa den Holocaust leugnen oder relativieren, die Existenz Israels als jüdischen Staat delegitimieren, zu antijüdischen oder antiisraelischen Boykotten aufrufen, diese unterstützen oder entsprechende Propaganda verbreiten (z. B.die Kampagne „Boycott – Divestment – Sanctions [BDS]“) oder die anderweitig antisemitisch agieren, keine Räumlich keiten oder Flächen zur Verfügung gestellt werden. Dementsprechend ist die Zusammenarbeit mit Gruppen oder Einzelpersonen, die den oben genannten Definitionskriterien widersprechen, abzulehnen. Das Ziel des Bündnisses ist es entsprechend der oben genannten Punkte, sensibilisierend und präventiv in die Stadtgesellschaft hineinzuwirken, um so einen Beitrag gegen jedwede Form der Diskriminierung und für ein demokratischen Werten verpflichtetes Miteinander zu leisten.
¹ „Bundesregierung unterstützt internationale Arbeitsdefinition von Antisemitismus“,  Zugriff: 05. Dezember 2018; „Arbeitsdefinition von Antisemitismus“ , Zugriff: 05. Dezember 2018.